INFORMEL 09. Mai 2019 - 31. August 2019











Über die Ausstellung

Die Samuelis Baumgarte Galerie präsentiert mit 35 Werken aus den Bereichen Malerei, Papier und Relief die drei herausragenden deutschen Maler des Informel Karl Otto Götz (1914 – 2017), Bernard Schultze (1915-2005) und Fred Thieler (1916-1999). Alle drei Künstler, die eine lange Ausstellungstradition bei uns in der Galerie aufweisen, vereinte der Wunsch nach einem stilistischen Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg. Das geometrisch Abstrakte wurde von den Gründungs-mitgliedern der „Quadriga“, Götz und Schultze, sowie auch von Thieler, der der Gruppe „ZEN 49“ angehörte, zu Gunsten einer fließenden Farbigkeit und Forminstabilität aufgegeben. Sie rezipierten dabei die Pariser Anfänge des Informel vor dem Zweiten Weltkrieg. Alle drei wurden hierbei maßgeblich von den wegbereitenden Künstlern Wols, Jean Fautrier und Hans Hartung zu einem wieder erstarkenden Ideal freier künstlerischer Imagination in Deutschland nach 1945 inspiriert.

Die Vernissage der Ausstellung ‚Informel‘ findet am Donnerstag, 09. Mai 2019 um 19 Uhr statt. Zusätzlich erscheint auch ein 80-seitiger Farbkatalog zur Ausstellung.

Bevor Karl Otto Götz den Stil des Informel für sich entdeckte, war sein frühes Werk in den 1930er Jahren noch ganz vom Expressionismus und Surrealismus geprägt. Er experi-mentierte unter dem Einfluss von Juan Gris, Paul Klee und Max Ernst mit Holzschnitten und erschuf unteranderem Spritzbilder und die amorphen Formen seiner Frakturenfibel.
Den Wendepunkt für seine informelle Hauptphase ab 1952 bildete seine Entdeckung, dass Tapetenkleister gemischt mit Farbschichten, unter der Zuhilfenahme eines Rakels, eine intuitive Arbeitsweise und freie Formensprache ermöglicht. Diese Technik fand ihren spürbaren Eingang in vielen ausgestellten Werken besonders auch in Mare, 1973, Mischtechnik auf Leinwand, 145 x 175 cm. und erlaubt dem Betrachter eine tiefere Einsicht in die charakteristisch informelle Malerei von Götz. Bemerkenswert ist hierbei auch das Werk Giverny, 1987, Gouache auf Papier, 100 x 70 cm aus der gleichnamigen Werkserie, in der er zum ersten Mal die Farbe Schwarz nicht verwendete. Nach der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse und der umfang-reichen Retrospektive zu seinem 100. Geburtstag in der Nationalgalerie Berlin, verstarb Götz im Alter von 103 Jahren.

Neben Götz zeigte sich auch Bernard Schultze durch die intensive Auseinandersetzung mit dem abstrakten Expressionismus bewegt von der Intensität des gestischen Ausdrucks. Ausgehend von der akademisch-konstruktivistischen Malerei wandelte sich in den späten 1940er Jahren auch seine Arbeitsweise zu einer informellen, dem Surrealismus nahen Malerei. Charakteristisch war fortan Schultzes meditative und assoziative Ästhetik. Sein gesamtes Oeuvre seit 1952 thematisierte und erarbeitete eine labyrinthhafte Formensprache voller Geheimnisse und Facetten. Schultze der viele Studienreisen unternahm, gewann den bedeutenden Großen Hessischen Kunstpreis 1984 und war Träger des Verdienstordens des Bundeslandes NRW.

Hervorzuheben in der Ausstellung ist Schultzes seltene Kreide-Grisaille Irgendwo lauert es, 1993, Schwarze Kreide auf Papier aufgezogen auf Leinwand, 144 x 234 cm. Dieses Hauptwerk des Informel führt seinen künstlerischen Schaffensprozess, der gekennzeichnet ist durch den Verzicht auf ein festes kompositorisches Vokabular vor Augen. Er baut insbesondere in diesem Werk auf der individuellen Formoffenheit der assoziativen Technik der „Écriture automatique“ auf. Schultze verstand es somit, das Unbewusste auch in dichterisch-explosiven und zersplitterten Silhouetten zu verarbeiten. Zudem integrierte Schultze ab 1962 auch seine sogenannten plastischen und relieferten „Migofs“ in seine Bild- und Skulpturenmetaphorik. Das organische Wesen Rot-Migof, 1969, Farbplastik aus Draht, Textil, Leim und Ölfarbe auf leinenbezogener Holzplatte, 75 x 55 x 40 cm zeigt, dass in Schultzes künstlerischer Welt alles vieldeutige Metamorphose sein kann. Hierfür stehen auch zahlreiche der ausgestellten Werke.

Auch der renommierte deutsche Künstler Fred Thieler verabschiedete sich nach seinen Studienreisen nach Paris, dem Zentrum des Informel von der gegenständlichen Malerei. Er schloss sich nicht nur der bekannten Künstlergruppe ZEN 49 an, sondern arbeitete von 1951-1981 auch in der Tradition des Action Paintings mit auf dem Boden liegenden Leinwänden. Hier wurde er ganz besonders durch amerikanische Protagonisten wie Jackson Pollock, Jasper Jones oder Sam Francis inspiriert. Fred Thieler begoss, bespritzte und betropfte die Leinwand dabei gestisch mit Farben. Ein Highlight der Ausstellung ist das großformatige Meisterwerk K. II/67, 1967, Mischtechnik auf Leinwand, 176 x 275 cm. Seit Jahrzehnten wurde es nicht mehr der Öffentlichkeit präsentiert. Das Werk zeichnet sich neben seiner farbgewaltigen Präsenz auch durch eine besondere Anwendung der Craquelé-Technik aus.

Die weiteren gezeigten Arbeiten wie Ohne Titel, 1958, Spachteltechnik auf Papier, 65 x 50 cm gleichen Symbolen für Thielers Leben, das durch die Verfolgungen des Dritten Reichs geprägt wurde. Künstlerisches Arbeiten bedeutete für ihn nach diesen Erfahrungen stets die Erforschung und Analyse seiner selbst und seiner Umwelt. Thieler wurde mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Kasse im Jahr 1984 ausgezeichnet und war Vizepräsident der Internationalen Gesellschaft für Bildende Künste in Paris sowie an der Akademie der Künste in Berlin. Auch nach einem Schlaganfall 1986, der Thieler stark in seiner Bewegung einschränkte, schuf er weiterhin in seinem Spätwerk Arbeiten wie Rende-Vouz III, 1998, Kunstharzdispersion auf Leinwand, 90 x 105 cm. Bis zu seinem Tod überzeugte Thieler weiterhin durch leuchtende Farben und kosmisch weite Bildräume der Imagination.

Die Bewegung des Informel wurde durch die Protagonisten unserer Ausstellung, Götz, Schultze und Thieler zu dem Sprachrohr einer Generation junger Künstler nach 1945, die ein leuchtendes Zeichen dramatischer und lyrischer Farbigkeit in der Nachkriegszeit zu setzen wussten. Alle drei präsentierten Künstler werden weltweit von den bedeutendsten internationalen Museen präsentiert.

Vom 09. Mai 2019 bis zum 31. August 2019 ist die Ausstellung ‚Informel‘ in der Samuelis Baumgarte Galerie zu sehen.

Die Ausstellung ist geöffnet
Montag – Freitag von 10:00 – 18:00 Uhr und Samstag von 10:00 – 14:00 Uhr.

Information

Vernissage: Donnerstag, 9. Mai 2019, 19 Uhr

Presseinformation

Vernissagekarte

Zusatzveranstaltung
Mi 03. Juli 2019 von 19 – 21 Uhr, Öffentliche Führung und Gesprächsrunde mit den Gästen: Gabriele Thieler, Tochter des Malers Fred Thieler, und Ulrich Rossol
Presseinformation zum Künstlergespräch

Online Katalog

Presse

'Der Ausbruch aus Diktatur und innerer Emigration in die Freiheit', WB, 09.05.2019

'Spielarten von Freiheit', NW, 09.05.2019

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