Art to know — Ratgeber

Informelle Kunst

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Informelle Kunst (französisch art informel) oder kurz Informel ist ein Sammelbegriff für die Stilrichtungen der abstrakten (im Sinne von nicht-geometrischen, gegenstandslosen) Kunst in den europäischen Nachkriegsjahren, die ihre Ursprünge im Paris der 1940er und 1950er Jahre hat. Sie war eine Suche nach einer neuen Form abstrakter Kunst infolge der ideellen Umwälzungen durch den Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 befand sich die Welt im Spannungsfeld zwischen Denken und Fühlen, unfähig zu einer echten Kommunikation. Genau an dieser Stelle zeigten sich die Brüche und Verwerfungen des modernen Lebens, die in der Kunst zwischen dem Kubismus und Konstruktivismus einerseits und der expressionistischen und surrealistischen Kunst andererseits zu Tage getreten waren. Die Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg musste versuchen, sich in diesem Spannungsfeld ihren Platz einzurichten, so verlangte es im Gegenzug zur dauerhaft angelegten, intellektuell bestimmten, geometrischen Abstraktion nach einer malerischen Ausdrucksform der momentanen Befindlichkeit.

Der Begriff Informel bezeichnet „keinen einheitlichen Stil, sondern charakterisiert eine künstlerische Haltung, die das klassische Form- und Kompositionsprinzip ebenso ablehnt wie die geometrische Abstraktion“. Konstitutiv ist das „Prinzip der Formlosigkeit“ im „Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung“. Der Begriff fasst verschiedene abstrakte Strömungen der europäischen Nachkriegskunst zusammen. Nach Rolf Wedewer umschließt er „zwei differente Ausdrucksweisen – das Gestische und die Texturologien“. Die informelle Kunst wird geprägt durch ungewöhnliche Materialien, experimentelle Techniken, spontane Gesten und den Zufall. Die Planung sowie die traditionelle Auffassung von Malerei und ihren Weg von der Idee über Entwürfe und Skizzen bis zum fertigen Werk werden abgelehnt.

Namensgeber war der Kunstkritiker Michel Tapié, der den Namen art informel für eine Pariser Ausstellung im Studio Facchetti im November 1951 mit dem Titel Signifiants de l'informel geprägt hat. Kurze Zeit später, im November 1952, fand ebenfalls im Studio Facchetti die berühmte Ausstellung von Tapié mit dem Titel Un art autre statt, in der fast alle wichtigen Künstler der Bewegung vertreten waren. Vornehmlich in der Frühzeit war auch die Bezeichnung Tachismus üblich, ein von dem Kunstkritiker Pierre Guéguen geprägter Begriff. Ein weiterer synonymer Begriff ist Lyrische Abstraktion, der von Georges Mathieu in Verbindung mit der École de Paris 2 geprägt wurde. Parallel zum Informel entwickelte sich in den USA der aus dem Surrealismus hervorgegangene Abstrakte Expressionismus.

Informelle Kunst in Deutschland

In Deutschland etablierte sich das Informel ab 1952 mit der ersten Ausstellung der Künstlergruppe Quadriga in der „Zimmergalerie Franck“ in Frankfurt, deren Mitglieder Karl Otto Götz, Otto Greis, Heinz Kreutz und Bernard Schultze mit neo-expressionistischen Tendenzen großes Aufsehen erregten. Die Quadriga gilt als Kerngruppe der deutschen Malerei des Informel und trug als erste avantgardistische Künstlergruppe Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich zur deutschen Anschlussfindung an die internationale Kunstentwicklung bei. In weiteren Künstlergruppierungen wie junger westen, ZEN 49, Cobra und Gruppe 53 untermauerten bedeutende deutsche Informel-Vertreter wie Hubert Berke, Peter Brüning, Carl Buchheister, Rolf Cavael, Karl Fred Dahmen, Hans Hartung, Gerhard Hoehme, Willi Baumeister, Rupprecht Geiger, Emil Schumacher, K.R.H. Sonderborg, Winfred Gaul, Peter Kuckei, Otto Ritschl, Hans-Jürgen Schlieker, Walter Stöhrer, Fred Thieler, Hann Trier und Fritz Winter die unverrückbare Stellung der abstrakten, ungegenständlichen Malerei innerhalb der internationalen Kunstszene der 1950er und 1960er Jahre. Auf der documenta II in Kassel im Jahr 1959, die Kunst nach 1945 thematisierte, nahmen alle international namhaften Vertreter des Informel und des Abstrakten Expressionismus teil.