Fauvismus
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Der Fauvismus entstand aus einer Bewegung innerhalb der französischen Avantgarde zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Fauvismus bildet die erste Bewegung der klassischen Moderne. Der Begriff „Fauvismus“ leitet sich her von dem französischen Wort fauves „wilde Bestien“. Die Bezeichnung Fauvismus – wie zuvor für den Impressionismus und später den Kubismus – war zufällig, kam von außen, war der Ausdruck einer Schockwirkung auf die Zeitgenossen. Das von Vauxcelles geprägte Wort belastete das Schicksal dieser neuen Malerei und verfälschte deren Verständnis. In dem Wort Fauve steckte unbewusst die zu dieser Zeit noch lebendige Ideologie, die den übermäßigen Farbenreichtum verurteilte und der Zeichnung für die Bildgestaltung den Vorrang gab. Die Farbe galt noch im Sinne Ingres’ als „tierischer Teil der Kunst“.
Die Hauptvertreter der zunächst geschmähten Bewegung waren Henri Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck. Ihnen schlossen sich Raoul Dufy, Albert Marquet, Kees van Dongen, Othon Friesz und Georges Braque an. Von einigen Kunsthistorikern werden auch Henri Manguin, Charles Camoin, Jean Puy und Louis Valtat zu den Fauves gezählt, neueren Tendenzen zufolge ebenfalls Georges Rouault.
In den fauvistischen Bildern sollte die Farbgebung nicht mehr der illusionistischen Darstellung eines Gegenstandes dienen. Die malerische Aussage entstand aus dem Zusammenklang der Farbflächen. Typisch für die meisten Werke sind ihre leuchtenden Farben. Die Überlegungen zur Darstellung des Raumes sind jedoch ebenso wesentlicher Bestandteil der Bildkomposition.
Die Wurzeln des Fauvismus entstammen dem Impressionismus, Ziel war aber, der Flüchtigkeit impressionistischer Bilder entgegenzuarbeiten, um dem Werk mehr Dauer (frz. durée) zu verleihen. Eine eigene Theorie oder ein Manifest hatte der Fauvismus dabei nicht. Einer neueren Sichtweise zufolge habe der Fauvismus Gemeinsamkeiten mit dem Expressionismus. Das charakteristischste Merkmal, das mit dem Fauvismus in Verbindung gebracht wird, ist eine helle und mutige Verwendung von Farbe. Das großformatige Gemälde von Matisse “Le bonheur de vivre” veranschaulicht dieses Anliegen. Obwohl die Szene in einer natürlichen Umgebung spielt, verzichtete Matisse auf neutrale Töne zugunsten einer kaleidoskopischen Farbgebung. Neben Orangenbäumen, blauem Gras und einem hellrosa Himmel hat er die Figuren auch in einem Regenbogen aus Farbtönen dargestellt.
Die Fauves strebten nicht nach Realismus in ihrer Pinselführung. Von den Impressionisten eingeführt und von postimpressionistischen Künstlern wie Vincent van Gogh adaptiert, dominierten kräftige, malerische Pinselstriche ihre Bilder. Was den Ansatz der Fauves jedoch auszeichnet, ist die Mischung der Farbe selbst. Anstatt ihre Ölfarben von einer Palette aus aufzutragen, drückten Fauves oft die Farbe direkt auf die Leinwand. Ebenso würden sie, anstatt Pigmente miteinander zu mischen, neue Farben durch kleine, eng aneinander liegende Striche auftragen. In Anlehnung an Paul Cézanne experimentierten die Fauves mit der Abstraktion. Anstatt Formen so darzustellen, wie sie im wirklichen Leben erscheinen, zeichneten sie sie lieber als vereinfachte Formen. Ähnlich wie Cézanne spielten sie mit der Perspektive und verzerrten die Bildebene, was zu flachen Kompositionen führte, die Farbe und Pinselführung über die räumliche Tiefe des Bildes streckten.
1907 löste der Kubismus den Fauvismus ab und zog einige seiner Vertreter an. Es ist ein Erbe der Fauves, dass moderne Künstler die Farbe als individuelles Ausdrucksmittel sehen.
Die Zeit nach dem Fauvismus
Der Fauvismus diente vielen der damit verbundenen Künstler als Übergangszeit. Nach seinem Abschluss im Jahr 1910 nutzten diese Figuren ihre Fauve-Erfahrung, um neue Projekte zu starten und neue Kunstrichtungen zu beginnen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand eine Rivalität zwischen Matisse und Pablo Picasso. Da sich beide Künstler danach sehnten, an der Spitze der Moderne zu stehen, strebten sie danach, sich durch ihre fortschrittliche Kunst hervorzuheben.
Berühmt für seinen scheinbar ständig wechselnden Stil, schuf Picasso laufend neue Arbeiten. Um mithalten zu können, musste sich auch Matisse weiterentwickeln. Spuren des Fauvismus sind jedoch in seinem gesamten Werk zu sehen – nicht zuletzt in seinen Cut-Outs. Diese in den späten 1940er Jahren entstandenen bemalten Papierkreationen verweisen an die Farbwirkungen des Fauvismus.
Ebenso erinnern die abstrakten Formen und Silhouetten dieser geschnitzten Papierbögen an die Einfachheit der Fauve-Formen.