Die Natur des Menschen
Über die Ausstellung
Zum 135. Geburtstag Ernst Ludwig Kirchners zeigt die Samuelis Baumgarte Galerie die bisher umfassendste Werkschau des Expressionisten mit insgesamt 60 Arbeiten aus der Zeit von 1904 bis 1937. Mit der museal angelegten Schau unter dem Titel „Die Natur des Menschen“ widmet sich die Galerie bereits zum dritten Mal dem Werk des Künstlers und begleitet das Vorhaben mit einem reich bebilderten Katalog und einem kunsthistorischen Abriss, der die Entwicklung des Oeuvres querschnittartig vorstellt: von den frühen Holzschnitten aus Kirchners Studienzeit in Dresden, über erste Aktzeichnungen, Straßen- und Theaterszenen, bis hin zu den Darstellungen von Natur, Porträts und Alltagsszenen aus der Davoser Zeit.
Ein Highlight des Frühwerks Kirchners ist der noch vom Jugendstil und Gauguin geprägte Holzschnitt Kauernder Akt, vom Rücken gesehen (1905). Kirchner strebt die abstrahierte Form an. Die Linie wird zum Gestaltungsmerkmal und das Motiv verschmilzt mit der Ornamentik. Doch zeigt bereits die verschränkte Haltung der Figur erste Anlehnungen an Van Gogh. Dies spiegelt sich in dem von dem niederländischem Maler und den Fauves inspirierten Aquarell Landschaft mit Bäumen (1907). Die Pinselbewegung wird dynamisch, der Strich vibriert.
Das Jahr 1917 bedeutet für Kirchner einen Wendepunkt. Nach dem freiwilligen Kriegseinsatz 1915 kehrt er stark traumatisiert zurück. Es folgen diverse Aufenthalte in Sanatorien. Er reist erstmals nach Davos und malt 1917 das in düsterer Farbigkeit gehaltene Gemälde Alpenveilchen zu Weihnachten (1917), welches seine Verbundenheit mit der Natur und die romantische Tradition von Novalis aufgreift.
Mit Straße in der Dämmerung (1929) bricht Kirchner mit seinem bisherigen Malstil. Inspiriert von Picasso möchte er sich zunehmend von seinen Brücke-Kollegen absetzten. Die Figuren in seinen Ölgemälden werden kontrastreicher, flächiger, fast zu Silhouetten reduziert und teils einander überlappend dargestellt.
Das Jahr 1937 und die Machtergreifung der Nationalsozialisten führen für Kirchner zu einem weiteren tiefen Einschnitt. 639 seiner Werke werden konfisziert und als „entartet“ deklariert. Diese politischen Repressalien und der zunehmende psychische Druck lassen Kirchner seine Selbstmordgedanken schriftlich festhalten. Das Gemälde Scene aus dem Sommernachtstraum (1937) ist eines der letzten Ölbilder bevor der Künstler 1938 den Suizid wählt. Das großformatige Bild zeigt eine Impression aus Shakespeares Sommernachtstraum, in der Figur und Natur miteinander verschmelzen.
Die Samuelis Baumgarte Galerie legt neben der Präsentation von zeitgenössischen Positionen einen starken Fokus auf die Kunst nach 1945 und die Klassische Moderne. So konnten in den letzten Jahren große Ausstellungen der Künstler Serge Poliakoff, Sam Francis, Niki de Saint Phalle, Fernando Botero und Heinz Mack präsentiert werden.
Information
Malerei, Zeichnung und grafische Werke.
Vernissage: Samstag, 29.11.2014 um 17 Uhr.
Mit einer Einführung von Dr. Isa Bickmann, Frankfurt.
Zum Künstler: Ernst Ludwig Kirchner
Presse
"Ein letzter Blick", Top Magazin, Ausgabe 1 2015
"Finale", Welt am Sonntag, 08.03.2015
Weltkunst, 02/2015
"Späte Werke aus dem Nachlass", Handelsblatt, 23.12.2014
"So weit das Auge reicht", Kunst und Auktionen, 12/2014
"Figur und Natur", Zeitkunst, 12/2014
"Streben nach Abstraktion", Westfalen-Blatt, 29.11.2014
"Immer stiller, immer eindeutiger", Neue Westfälische, 29.11.2014
"Die Natur des Menschen", Westfalen-Blatt, 19.11.2014