um Fotografien handelt: Die Motive lassen sich meist unmittelbar identifizieren. Ganz anders verhält es sich bei den stark abstrahierten Fotografien von Astrid Lowack, die optisch mit der Malerei verwandt sind und in intensiven Farben leuchten. Die Arbeiten von Astrid Lowack nehmen in der Fotografie-Geschichte einen Sonderstatus ein, denn sie sind einzigartig. Weder geben sie konkrete Bild motive wieder, noch sind sie ganz abstrakt; sie sind in der Na- tur aufgenommen, bilden diese aber weder motivisch noch farblich ab; sie entstehen im nüchternen, doku- mentarisch konnotierten und zeitabhängigen Medium der Fotografie, basieren aber auf subjektiver Emotiona- lität und sind daher letztendlich zeitlos und universell. Die Wanderausstellung „The Elements of Trans- cendence“ bezieht sich im Titel auf die vier kreativen Bestandteile von Astrid Lowacks Fotografie: Licht, Schatten, Wasser und Bewegung. Analog zu Lowacks thematischen Werkgruppen gliedert sich das Aus- stellungskonzept in fünf Teile: 1. „Birth”, 2. „Diving into Life”, 3. „Apocalypsis”, 4. „Paradise”, 5. „Chaos” (1. „Geburt”, 2. „Eintauchen ins Leben”, 3. „Apokalypse”, 4. „Paradies”, 5. „Chaos”). Diese Zusammenstellung erscheint auf den ersten Blick willkürlich, da sie kein System erkennen lässt. De facto gilt für das Ausstel- lungskonzept dasselbe wie für die einzelnen Kunst- werke: Es geht nicht um das getreue Abbilden oder Nachahmen eines (traditionellen) Vorbildes, sondern um das Subjektive. Ausgehend von „Birth“ bis hin zu „Chaos“ zeichnen die fünf Stationen die künstlerische Entwicklung von Astrid Lowack von ihren Anfängen bis heute nach. Zugleich assoziieren sie verschiedene psychische Zustände, die die Dimension der Zeit ih- rerseits wieder negieren. In der ersten Werkgruppe mit dem Titel „Birth“ verweisen die zu Beginn von Astrid Lowacks künstle- rischer Karriere entstandenen Fotografien noch auf die Naturvorbilder: Blumen, Bäume, Gewässer und ihre Sonnenreflexe. Zugleich definieren sie klar vier „Elements of Transcendence“: Licht, Schatten, Wasser, Bewegung. Die Arbeiten lassen noch erken- nen, dass ihr Ursprung im Illusionismus liegt, zugleich erreichen sie durch die starken Vergrößerungen von Details und die Farbmanipulationen jedoch bereits einen hohen Grad an Abstraktion. Die älteste hier einzuordnende Arbeit ist „Light inside“ von 2014, in der die Künstlerin eine vergrößerte Detailaufnahme von Blumen zu einem mystisch-sinnlichen Licht- und Schattenspiel transformiert hat. Die zweite Gruppe, „Diving into Life“ betitelt, zeigt Arbeiten mit stark abstrahierten, bewegten Moti- ven in metallisch gleißenden Farben, die zwischen 2015 und 2019 entstanden sind. Hier lassen sich weder die Ursprungsmotive noch die Konstituen- ten der Bildkomposition herleiten; die Motive sind so abstrahiert und im Detail vergrößert, dass sie sich der objektiven Erkenntnis entziehen. Hier ist die Imagination des Betrachters gefordert, die zu- sätzlich durch die Bildtitel animiert wird. „Ram- penlicht“ von 2018 umreißt im Zentrum des Bildes schemenhaft eine Figur mit hängenden Schultern in Rückenansicht, um die herum sich weitere Wesen im Dunkel des Raumes zu materialisieren scheinen. Hier begegnet der Betrachter den mo- dernen Gespenstern der Geisterfotografie. Eine andere Fotografie in aufregenden Türkis-, Rot- und Orangetönen mit fragezeichenförmiger Kompo sition trägt den Titel „Firebird“ („Feuervogel“). Mit diesem Hinweis erkennt der Betrachter einen feuerfarbe- nen Vogel im Profil von links mit geschwungenem Hals und vorgereckter Brust. Der Gedanke an den mythologischen Phoenix liegt ebenso nahe wie der- jenige an das Logo des im Jahr 2000 erschienenen Datenmanagementsystems „Firebird“ – wissend, dass Astrid Lowack Industriedesign studiert hat. Zu- dem leitet das Werk über zur nächsten Werkgruppe. 12 — 13