Art to know — Ratgeber

Grafik

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Grafik (von altgriechisch γραφική [τέχνη] graphiké [téchne], „zeichnende/malende [Kunst]“), auch Graphik, ist im weitesten Sinn der Sammelbegriff für alle künstlerischen oder technischen Zeichnungen sowie deren manuelle drucktechnische Vervielfältigung z.B. Lithographie, Kupferstich, Radierung oder die Handzeichnung. In der engsten Begriffsverwendung bezieht sich Grafik allein auf die künstlerische Druckgrafik, die zur bildenden Kunst gehört. Eine Originalgrafik entsteht eigenständig, unabhängig von Vorlagen und in der Absicht, die Techniken der Druckgrafik für den künstlerischen Ausdruck zu nutzen.

Alle grafischen Techniken wurden zur Zeit ihrer Entwicklung nicht für einen speziellen künstlerischen Gebrauch entwickelt und daher auch zunächst nicht gezielt von Künstlern genutzt. Der Einblattholzschnitt entstand um 1400 aufgrund eines wachsenden Bedarfs nach Andachtsbildern. Billiger, schneller und produktiver als mit den zuvor in Klöstern manuell gezeichneten Bildchen ließ sich der Wunsch breiter Bevölkerungsgruppen nach privatem Bildbesitz befriedigen. Sie wurden in Klöstern und an Wallfahrtsstätten verkauft, um mit ihrer Hilfe die Gläubigen an der magischen Wirkung der „Urbilder“ teilnehmen zu lassen. Die Einblattholzschnitte – heute als die ältesten grafischen Kunstwerke in Mitteleuropa verstanden – stellten für ihre Besitzer Gebrauchsgüter dar, vor denen man in den eigenen vier Wänden seine private Andacht verrichtete.

Die Entstehung des Holzschnitts geht mit der Verbreitung der Papierherstellung einher. Die massenweise und im Vergleich zur Pergamentherstellung wesentlich billigere und schnellere Produktion des Papiers war die entscheidende Voraussetzung für diese Technik, die bald durch den Kupferstich ergänzt wurde. Das früheste Blatt, das in der Kupferstichtechnik ausgeführt wurde, datiert aus dem Jahr 1446 und ist damit nur wenige Jahrzehnte jünger als der älteste datierte Holzdruck. Im Vergleich zum Holzschnitt erlaubte der Kupferstich reichere Darstellungs- und Ausdrucksmöglichkeiten, weil hier nahezu stufenlos alle Töne zwischen zartestem Grau und Schwarz erzielt werden konnten und nicht – wie beim Holzschnitt – nur die Unterscheidung von Weiß und Schwarz. Bis zur Entwicklung des Holzstichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Thomas Bewick war der Kupferstich die bevorzugte Technik der Buchillustration.

Künstlerisch führte Albrecht Dürer (1471–1528) sowohl den Holzschnitt als auch den Kupferstich zur Perfektion. Von seinen großen grafischen Meisterwerken seien exemplarisch der Zyklus Marienleben (Holzschnitt, 1502/1505) sowie die zwei Blätter Ritter, Tod und Teufel(Kupferstich, 1513) und Melencolia I (Kupferstich, 1514) genannt. Dürer hat genau wie Tizian, Michelangelo und Raffael die Bedeutung der Druckgrafik auch darin gesehen, den eigenen künstlerischen Ruf zu verbreiten und über den Vertrieb der Blätter Einkünfte zu generieren. So hat Dürer beispielsweise seine druckgrafischen Zyklen im eigenen Verlag verlegt und über den Buchhandel vertrieben. Der Vertrieb druckgrafischer Blätter hatte auch zur Folge, dass neue künstlerische Entwicklungen schnell und gleichmäßig in ganz Europa Verbreitung fanden.

Der aufwändige manuelle Arbeitsprozess, mit dem beim Kupferstich die Linien in die Druckplatte eingegraben wurden, wurde durch die Entwicklung der Radierung vereinfacht. Hier wird die Platte durch chemisches Ätzen bearbeitet. Die frühesten Radierungen datieren auf das Jahr 1513. Die Radierung erreichte zwar nicht die Abbildungspräzision des Kupferstichs und löste damit auch dieses Ausdrucksmittel nicht als wichtigstes Medium der Buchillustration ab, sie erweiterte die druckgrafischen Techniken jedoch um die Möglichkeit, den individuellen Zeichenstil wiederzugeben. Frühe Meister dieser Technik waren etwa Matthäus Merian und Wenzel Hollar.

Aber auch die Radierung begrenzte die Druckgrafik noch auf die Darstellung von Linien. Das änderte sich mit der Schabtechnik (auch Mezzotinto genannt), die Ludwig von Siegen (1609–1680) entwickelte. Mit ihr konnte erstmals für ganze Bildpartien ein einheitlicher Flächenton erzielt werden. Dies geschah durch ein sehr arbeitsaufwändiges Aufrauen der Druckplatte. Die Technik der Aquatinta, die zwischen 1765 und 1768 von Jean Baptiste Leprince entwickelt wurde, ersetzte dieses manuelle Verfahren durch ein chemo-technisches.

Mit der Entwicklung der Lithografie durch Alois Senefelder um 1803 setzte sich die chemo-technische Rationalisierung der Drucktechniken fort. Die Herstellung der Druckplatten verbreitete und beschleunigte sich, womit sich diese Technik auch für die sich rasch ausbreitende Tagespresse eignete. Für die Künstler entstand nicht nur eine neue Ausdrucksmöglichkeit, sondern es erschlossen sich auch neue Berufsfelder: sie wurden zu Zeitungszeichnern und Karikaturisten wie beispielsweise Honoré Daumier.

Auflage und Abzug

Das einzelne, durch den Druckprozess entstehende Blatt nennt man „Abzug“, die Gesamtzahl der Abzüge heißt die „Auflage“. Die Höhe der Auflage zu bestimmen, ist das Recht des Künstlers. Blieb früher durch die materialbedingte Abnutzung der Druckform (beispielsweise einer Zink- oder Kupferplatte) die Höhe der Auflage einer Druckgrafik auf eine geringe Anzahl beschränkt, ermöglicht heute die Möglichkeit der Verstählung der Druckplatte auch eine sehr hohe Auflage. Bei Hochdruckgrafiken liegt die Auflage meistens zwischen 20 und 100 Abzügen.

Die Limitierung der Auflage durch den Künstler, die er eigenhändig auf dem Blatt, nicht auf der Platte vermerkt, ist letztlich auch eine Wertfeststellung. Je niedriger die Auflage ist, desto wertvoller ist der Abzug. Ein Qualitätsmerkmal ist eine niedrige Abzugsnummer bei einer modernen Grafik nur bei einer unverstählten Kaltnadelradierung, weil hier jeder folgende Druck eine größere Plattenabnutzung hervorruft.

Sind die Abzüge einer Auflage und die begleitenden Probe- und Künstlerabzüge hergestellt, ist es üblich, die Platte unbrauchbar zu machen, d. h. sie wird „gekreuzt“: Dies geschieht beispielsweise, indem man auf der Platte mehrere gekreuzte Schnitte anbringt.

Unterschrift und Nummerierung

Die Signatur des Künstlers auf dem Werk, üblicherweise als mehr oder minder ausgeschriebener oder abgekürzter Namenszug, dient dazu, das Werk einem bestimmten Künstler zuzuordnen und seine Urheberschaft zu beglaubigen. Bei grafischen Vervielfältigungen erlaubt bereits die Signatur in der Vorlage oder Druckform die Zuordnung („im Stein signiert“). Darüber hinaus ist bei moderner Grafik mit limitierter Auflage die handgeschriebene Unterschrift des Künstlers auf dem einzelnen Blatt schon fast die Regel. Sie sollte ursprünglich verbürgen, dass es sich um eine Original-Druckgrafik handelt, bei der die Druckform vom Künstler selbst geschaffen und im Handdruckverfahren und in limitierter Auflage von ihm oder einem Drucker abgezogen wurde. Bei den technischen Vervielfältigungsverfahren gilt auch dies nur noch eingeschränkt. Darüber hinaus gibt es bei den großen Namen der klassischen Moderne (Pablo Picasso, Georges Braque, später Andy Warhol) auch nicht individuell signierte Druckgrafik in großer Zahl, die in denselben Druckverfahren geschaffen wurde, zuweilen aus derselben Edition oder nach derselben Vorlage wie handsignierte Exemplare, die diesen also, von der fehlenden Signatur abgesehen, vollkommen gleichwertig ist, so dass die individuelle Signatur nicht viel mehr als ein „teuer bezahltes Künstlerautogramm“ darstellt.

Für die handschriftliche Signatur einer Grafik wird meistens Bleistift verwendet, weil eine Bleistiftsignatur nur schwer zu radieren oder zu verändern ist, ohne dabei die Papierfasern zu beschädigen. Die Signatur wird üblicherweise in der unteren rechten Ecke angebracht. Der etwaige Titel der Grafik steht in der Mitte.

In neuerer Zeit wird eine Druckauflage begrenzten Umfangs zumeist in laufender Folge durchnummeriert. Diese Nummerierung muss nichts über die tatsächliche Druckreihenfolge aussagen, es ist eine Kennzeichnung, die die Zuordnung des Abzuges zu einer Auflage ermöglicht. Deshalb wird auf jedem Abzug auch die Gesamtauflage erwähnt. Die laufende Nummer und die Höhe der Auflage werden durch einen Schrägstrich getrennt. Eine Druckgrafik, die beispielsweise die Kennzeichnung 20/100 trägt, ist die Nr. 20 einer Auflage von 100 Stück. Die Nummerierung wird üblicherweise in der unteren linken Ecke des Abzuges vermerkt. Eine Nummerierung nach der Druckreihenfolge ist nur bei Druckverfahren mit deutlicher Abnutzung der Druckform, wie z. B. einer Kaltnadelradierung auf Zink sinnvoll.

Am Kunstmarkt ist die Nummerierung unabhängig davon als Bezeichnung der Herkunft aus einer beschränkten Auflage ein wertbestimmender Faktor, ebenso die individuelle Signatur durch den Künstler als höchstpersönliche Beglaubigung der Echtheit bzw. Richtigkeit und der Urheberschaft. Beides wird in gewissen Fällen angezweifelt, siehe bei Salvador Dali. Davon abgesehen, sollte der künstlerische Rang einer Grafik ohnehin nicht von der Höhe der Auflage und der individuellen Signatur abhängig gemacht werden.